Zwischen Bücherregal und 3D-Drucker
Der Wandel von der traditionellen Bibliothek zur Bibliothek als «dritten Ort».
Bereits ein Blick auf die erste Seite genügt, um zu erkennen, dass das Buch bereits lange im Bestand der Bibliothek sein muss. Ein kleiner weisser Zettel, übersät mit gestempelten Fälligkeitsdaten, ist der ausschlaggebende Hinweis. Früher noch in jedem Buch zu finden, heute eine Rarität mit Nostalgiecharakter. Ab 1997 wechselte die Kornhausbibliothek vom Leihfristzettel zum Strichcode und ging so einen weiteren Schritt in Richtung Digitalisierung.
Seitdem hat sich wiederum vieles verändert: Videokassetten wurden durch DVD ersetzt, E-Books gewannen an Popularität und das Internet (mittlerweile die KI) ist die erste Anlaufstelle für die Wissensgewinnung. So stellt sich die Frage: Wie könnten Bibliotheken in Zukunft aussehen, um mit dem Wandel mitzugehen?
Die Bibliothek der Zukunft
Zum 111. Geburtstag der Deutschen Nationalbibliothek vor zwei Jahren wurden die Besuchenden der Nationalbibliothek und der Buchmessen in Leipzig und Frankfurt nach ihren Visionen und Wünschen für die Bibliothek der Zukunft befragt. Ein zentraler Wunsch der Besuchenden ist demnach die Bildung, insbesondere die Vermittlung der Medienkompetenz in einer zunehmend digitalen Welt. Der DigiTreff der Kornhausbibliothek, bei dem Fragen rund um digitale Geräte, Anwendungen und Programme gestellt werden können, ist eine Antwort auf dieses Bedürfnis. In Zukunft könnte dies aber noch anders aussehen: Im Dachgeschoss der Würzburger Stadtbücherei kann seit September 2022 mit 3D-Drucker, Plottern und VR-Brillen experimentiert werden, und die Menschen sind eingeladen, die eigenen Kenntnisse und Fertigkeiten an andere zu vermitteln. Der «Makerspace» soll nicht nur dem digitalen Lernen dienen, sondern ein Ort sein, an dem sich Personen treffen und austauschen können, ein dritter Ort.
Ein zweites Zuhause – der dritte Ort
Ein dritter Ort ist ein Sozialraum, an dem alle Menschen ungezwungen zusammenkommen, verweilen und anderen Leuten begegnen können. Er ist entkoppelt vom ersten Ort, dem Zuhause, und der Arbeit oder Schule, dem zweiten Ort. Bei der Befragung der Deutschen Nationalbibliothek kristallisierte sich der Wunsch nach einer Bibliothek als sozialem Treffpunkt heraus.
Auch die Kornhausbibliotheken sind ein dritter Ort und bieten in ihren über 22 Filialen regelmässig Veranstaltungen zu unterschiedlichsten Themen: von der für Bibliotheken typischen «Lesung» über Märlizyt, zu Film- oder Spielabenden, Abstimmungs-Sonntag, zusammen stricken, Roboter-Workshop, Buchstabensuppe essen und über Bücher sprechen, Diskussionen, Konzert und Theater, um nur einige zu nennen. Der Fantasie, wie man gemeinsam Zeit verbringen kann, sind keine Grenzen gesetzt!
Die Bibliothek ist schon heute weitaus mehr als eine Buchausleihe. In Zukunft werden solche Veranstaltungen und Gemeinschaftsaktivitäten im Bibliotheksalltag weiter an Bedeutung gewinnen. Doch gehen dabei nicht die Bücher und das Lesen vergessen? Der Blick nach Gent in Belgien zeigt, dass dies zu verneinen ist: Seitdem die dortige Bibliothek zu einem kulturellen Zentrum wurde, erhöhte sich die Buchausleihe um fast 10%. Überall dort, wo die Kornhausbibliotheken BiblioPlus eingeführt haben, ist dieser Trend auch zu spüren. Je mehr die Menschen freien Zugang zur Bibliothek haben, desto mehr verweilen sie dort zu unterschiedlicher Tageszeit und leihen auch mehr Medien aus. «Für uns ist die Bibliothek wie ein erweitertes Wohnzimmer», sagen beispielsweise junge Familien im Holligen-Quartier.
BIBLIOTHEK IN 20 JAHREN?
Die Bibliothek der Zukunft bewegt sich vom stillen Ort der Bücherausleihe hin zum Ort des Austausches und der Gemeinschaft. Wie stellen Sie sich die Bibliothek in 20 Jahren vor? Bitte schicken Sie uns Vorschläge, Ideen und Wünsche. Wir freuen uns auf Ihre Antworten!
Quartierbibliothek Breitenrain mit Ludothek
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