«Das weckt Emotionen in uns, die für uns einmalig sind»
Das Instrumentalkollegium Bern (IKB) ist ein Liebhaberorchester in sinfonischer Besetzung. Vor 20 Jahren im Breitenrain gegründet, wird ebenso lange einmal wöchentlich im Kirchgemeindehaus Johannes geprobt. Das Ensemble beeindruckt durch eine musikalische Qualität ohne Leistungsdruck, aber auch durch die Verkörperung menschlicher Werte.
Die Hürden zum Beitritt in das rund 40-köpfige Orchester werden bewusst so niedrig wie möglich gehalten; es reicht, wenn man selbstständig ein Instrument spielen und Noten lesen kann. Den Rest besorgen dann die anderen Musikerinnen und Musiker und vor allem der Dirigent mit seiner Art, die Musizierenden zu begeistern. Er heisst Christoph Kuhn, ist der vierte Dirigent in der Geschichte des Orchesters und leitet dieses seit 10 Jahren. Der Präsident Christoph Fahrni übt sein Amt seit dem Jahr 2015 aus, nachdem er als Fagottist dem Orchester kurz nach dessen Gründung beigetreten war. Bei ihm laufen die Fäden zusammen, er plant, koordiniert und pflegt die Kontakte im Vorstand und zu den Mitgliedern. Wenn es um die Geschichte des Orchesters geht, überlässt er das Wort gerne anderen. In diesem Fall jenen vier aktiven Mitgliedern, die nebst dem Dirigenten gerne zum Treffen erschienen sind. Das darf getrost als Indiz für die gute Stimmung im Orchester dienen, die von der Violinistin Therese Neboisa so definiert wird: «Ich habe keine Angst zu spielen, auch wenn ich mich ab und zu etwas durchmogeln muss.»
Der Zettel im Musikhaus
Alle Anwesenden sind sich einig, dass es dem Dirigenten zu verdanken ist, dass sich niemand wegen eines Fehlers genieren muss. Christoph Kuhn sagt das so: «An oberster Stelle steht die Freude, die wir als Gruppe beim Musizieren gemeinsam erleben. Und ich stelle immer wieder fest, dass die Mitglieder sehr gerne zu den Proben kommen.» Dem stimmt Wolfgang Harsch zu. Vierzig Jahre lang hatte er sein Instrument, die Geige, nicht mehr angefasst. Bis er an der Türe vom Musikhaus Müller & Schade einen Zettel kleben sah: «In eher zittriger Handschrift stand darauf, dass im Breitenrain ein Orchester gegründet wird, und man soll doch die Instrumente vom Estrich holen und zu einer Probe kommen. » Wolfgang Harsch tat wie geheissen, packte die Geige und ging zur ersten Probe; die Knie vor Aufregung mindestens so zittrig wie die Handschrift des Cellisten Nicolas Wajsza, des Verfassers des Anschlages und Gründers des Orchesters. Auch er lässt es sich nicht nehmen, beim Treffen zu erscheinen. «Es ist eine wunderbare Sache, dass nun schon so lange besteht, was vor 20 Jahren klein begonnen hat. Ich bin tief beeindruckt von der Entwicklung und der Qualität des Orchesters.»
Musik und Freundschaften
Die Cellistin Madeleine Stooss ist ebenfalls von Anfang an dabei, im Gegensatz zu Wolfgang Harsch musste sie musikalisch nicht wieder von vorne anfangen; sie trat dem IKB bei als aktive Musikerin des Orchesters der Musikschule Worb, das von Nicolas Wajsza geleitet wurde. «So gesehen», blickt sie zurück, «war das IKB eigentlich eine Nachfolgeorganisation des Worber Orchesters, von dem einige in den Breitenrain wechselten. Bei den ersten Proben waren wir eine Gruppe von 14 Leuten.» Auch Regula Bienlein erfuhr im Gründungsjahr von der Entstehung des Orchesters, auch bei ihr spielte ein Zettel eine massgebliche Rolle zum Beitritt. In ihrem Fall war der Zettel ein Inserat in dieser Zeitung, mit dem Mitglieder für das neu gegründete Orchester gesucht wurden; allerdings war der Zeitpunkt damals nicht ideal für sie, das Inserat hing 13 Jahre in ihrer Küche. Dann passte der Zeitpunkt. Nach einem Anruf beim Präsidenten Christoph Fahrni war die Geigerin bereits an der nächsten Probe dabei: «Es spielte keine Rolle, dass ich vorher fast 30 Jahre lang nicht mehr Geige spielte.» Sie gehe jeden Dienstag mit Freude zu der Probe, sagt sie, wegen der Musik, aber auch wegen der Freundschaften, die entstanden sind.
«Und plötzlich geht es»
Die musikalische Qualität habe in den 20 Jahren des Bestehens deutlich zugenommen, sagt Madeleine Stoos, die für das Orchester die geeigneten Noten sucht und findet, es werden vermehrt Originalwerke anstelle von Arrangements gespielt. Christoph Kuhn ergänzt, dass dieser Anspruch gemeinsam entstanden sei, und: «Im Vordergrund steht für mich nicht das Niveau, sondern die Weiterentwicklung. Ich will nicht, dass wir zu leichte Musik spielen, nur weil es angenehmer ist.» Er will mit dem Orchester auch mal Grenzen ausloten, was Therese Neboisa natürlich nicht entgeht: «Um Gottes Willen, denke ich jeweils, wenn neue Noten abgegeben werden, wie sollen wir das für ein Konzert hinkriegen. Und plötzlich geht es; weil es unserem Dirigenten immer wieder gelingt, uns so zu begleiten, als würde es von selbst gehen.» Für die Jubiläumskonzerte im November habe sich die Musikkommission des Orchesters etwas Besonderes einfallen lassen, sagt Christoph Fahrni: «Wir werden von jedem der bisherigen Dirigenten etwas aus seiner Zeit aufführen. Allerdings nicht streng getrennt, sondern als gemischter Rückblick auf 20 Jahre. » Besonders für langjährige Mitglieder werde das nicht nur eine musikalische, sondern auch eine emotionale Angelegenheit. Was es für Wolfgang Harsch ohnehin ist: «Die Konzerte sind für mich die grössten Erlebnisse innerhalb unserer Aktivitäten. Das ist unwahrscheinlich schön und ich bin sehr dankbar, dass ich diese Emotionen in mir spüren darf.»
INFOS
Jubiläumskonzerte 2025
- 21. November, 19.30 Uhr Thomaskirche Liebefeld
- 22. November, 19.30 Uhr Kirche Gümligen
- 23. November, 17.00 Uhr Markuskirche Bern