Erfolgreich auf kulinarischer Pirsch
Kaum fallen die ersten Blätter, werden viele Gourmets unruhig. Wo finden sich im Nordquartier noch Restaurants mit Wildspezialitäten im Angebot? Wir haben uns umgeschaut.
Für viele Menschen, die gerne auswärts speisen, gehören sie wie ein Ritual zu den jährlich wiederkehrenden Freuden im Herbst: Gerichte aus der Wildküche. Selten neuartig interpretiert, sondern offenbar am begehrtesten in der klassischen Art. Das Fleisch meist länger mariniert und geschmort, als «Pfeffer » mit Speck und Zwiebeln serviert oder als Schnitzel gebraten. Dazu gehört meistens diese Garnitur: Rosenkohl, Rotkraut, Marroni, Birne oder Kürbis. Und für viele, vor allem weibliche Gäste, stellen die Spätzli den heimlichen Höhepunkt dar. Mit der stetigen Umwälzung des Gastro-Angebotes sind auch im Nordquartier gut bürgerliche Lokale mit entsprechender Saisonkarte verschwunden. Doch Wildgerichte halten sich hartnäckig und tauchen selbst in Häusern mit alternativen Konzepten wie dem«DuNord» oder dem «Löscher» auf. Sie sind scheinbar «too big to fail», wie Weihnachten oder Ostern und deren notorische Speisebegleiter.
Die «Freibank» auf dem Wankdorf-City- Areal ist eine Empfehlung für alle Jahreszeiten. So freuen wir uns jetzt schon wieder auf das Winterkonzept «Bim Portier» mit offenem Feuer und heissem Käse. Seit 2017 ist im ehemaligen Waaghaus beim Eingang zum früheren Schlachthausareal ein Restaurant untergebracht, das nicht nur die Angestellten der nebenan liegenden Grossbetriebe SBB und Post anlockt. Hier ist der Slogan «From Nose to Tail» – wie auch die verwandte Schlagzeile «From Farm to Table» – keine Trendströmung, sondern echtes Glaubensbekenntnis.Was perfekt zur Vergangenheit des Schauplatzes passt: Die namensgebende Freibank war seit dem Mittelalter Verkaufsstelle von als minderwertig geltendem Fleisch aus Notschlachtungen.
Aktuelle Geschäftsführer sind Adrian Wittwer und David Gross, der unsere elektronische Reservationsanfrage für den «à la carte-Wildabend» persönlich bestätigt. Der freundliche Ton gehört zur DNA des Hauses. Wir werden gut und kompetent umsorgt, ein Tässchen Bouillon dient als wärmendes Willkommen. Zur Vorspeise bestellen wir den Nüsslersalat und die Kürbissuppe. Der Salat punktet mit dem gut austarierten Hausdressing, die Suppemit der Beigabe von Kürbiskerncrumble und -öl. Im Hauptgang folgen der Hirschpfeffer – hier neben Rotkraut und Marroni erfrischend mit Apfelchutney – sowie der vegetarische Wildteller. Die Grundkomponente zum Pilzragout stammt vom Spezialisten Lorenz Laubscher aus Kappelen. Auch das Wildfleisch stammt aus Berner Jagd, verarbeitet in der Dorfmetzgerei Grindelwald. Im Glas landet passend ein ausgesprochen beeriger Merlot Scalin vom Weingut Kopp von der Crone Visini, domiziliert in Barbengo bei Lugano TI. Unsere Apéro- Empfehlung:Der Pinot gris von Anne- Claire Schott aus Twann BE. Zum Dessert erfreuen wir uns an einem Marronimousse im Glas mit Meringuecrumble und Kirschencoulis. Der nächste «à la carte-Wildabend» findet am 30. Oktober statt, die Metzgete vom Reham 31.Oktober ist leider schon «soldout». Doch gibt es auch regelmässig ein Wild-Special auf der Tageskarte.
Wie eingangs erwähnt, sind wir auf unserer Pirsch auch andernorts im Nordquartier erfolgreich. Wie immer sei an dieser Stelle betont:Wir können nicht überall sein und übersehen manches. Vorlieben sind individuell und wandelbar, niemand ist unfehlbar. Eine sichere Bank für Wild stellt traditionell das Restaurant Rosengarten dar. Hier können wir Ihnen die pikante Wildschwein-Bratwurst, das Hirsch-Entrecôte im Kürbiskern- Mantel, die Wildschweinhaxe und das Reh-Saltimbocca ans Herz legen. Selbstredend punktet der Standort zu dem mit der guten Aussicht.
Mit der Gartenterrasse punktet den Sommer über Julio Da Silva im «Büner » an der Kasernenstrasse. Nun ist diese Phase zwar vorbei. Ähnlich eindrücklich wirken jedoch der Charme des ganzes Hauses und des Gastgebers, der hier soeben sein 10-Jahr-Betriebsjubiläum beging. Bei ihm empfehlen wir insbesondere den geräucherten Wildschweinschinken mit marinierten Feigen. Auf der anderen Seite des Breitenrainplatzes tauchen wir an der Scheibenstrasse im «Dolce Vita» gerne ins rustikale Leben ein. Die belebte Adresse trumpft nicht nur mit einem bemerkenswerten Preis-Leistungs-Verhältnis auf, sondern auch mit dem eingelösten Versprechen auf echten Ortskolorit. Auf der Tageskarte figurieren regelmässig Wildspezialitäten. Bilder des namensstiftenden Films von Federico Fellini sind ebenso vorhanden.
Das süsse und pikante Leben ist gleichfalls Stichwortgeber im «Ludmilla » an der nahen Flurstrasse. Hier erwähnenswert ist der «Monatshit», Rehgeschnetzeltes mit Serviettenknödel. An derselben Tramlinie stadteinwärts ist im «Giardino» im Kursaal das Hirsch-Entrecôte an Portwein-Jus einen längeren Halt wert. Und last, but not least sei auch das «Schöngrün» beim Zentrum Paul Klee erwähnt. Hier dürfen wir den Wildhackbraten und «z’Weidmannsheil» rühmen.Die Tagesempfehlung hängt immer davon ab, wie viel Glück der Jäger Michu Leuenberger hatte.
INFOS «FREIBANK»
Küche: Fleisch ist… nicht alles
Service: Mustergültig
Ambiente: Auswärts zu Hause
Preise: Sehr annehmbar
Adresse: Stauffacherstrasse 82 3014 Bern, Telefon 031 333 14 40
Öffnungszeiten: Montag bis Freitag 11 bis 22.30 Uhr Samstag und Sonntag geschlossen.