«DR AARE NAH»

Kulinarische Flurbegehung mit sommerlichem Flair

Auch Wasserscheue kommen an der Aare voll auf ihre Kosten. Ein längerer Gang dem Ufer entlang, vom «Klösterli Weincafé» bis zum Lorrainebad, zeigt die passenden Möglichkeiten auf. 

Jean-Claude Galli
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An heissen Sommertagen ist es besonders erfreulich, dass zum Nordquartier auch der Altenberg mit direktem Aareanstoss gehört. Unablässig führt ein pulsierender Strom die Schwimmerinnen und Schwimmer flussaufwärts bis zur Einstiegsstelle vis-à-vis des «Matteänglisch- Clubs». Doch auch andere Geniesser schätzen den Bummel entlang des blaugrünen Lebensbandes, trinken hier ein Glas und bestellen dort eine Vorspeise, bevor sie sich an einem Ort ihrer Wahl niederlassen.


Etappe 1: Blanc de Blancs

Wir beginnen unsere Gastro-Tour im «Klösterli Weincafé». Im Oktober 2024 haben die dort bereits erprobten Angela Iten und Cédric Delaleu die Betriebsleitung übernommen. Die Küche wurde umgebaut, durch die Umwandlung eines früheren Kunstateliers kamen 22 Sitzplätze im Innern hinzu. Die Qualität ist konstant gut, der Keller wohlsortiert, das Essen dank dem neuen Küchenchef Max Schwarze noch einen Tick raffinierter. Oft haben wir hier einen Abend enden lassen, heute ist das Lokal unser Ausgangspunkt. Für die Dame gibt es einen Schaumwein aus der Lombardei («Cherubini Blanc de Blancs Brut Nature»), für den Herrn ein helles «Klösterli Bier», das vom Mutterhaus im «Tramdepot» stammt. Gleichzeitig trifft eine weibliche «Poltergruppe» ein und bestellt zum «Zvieri» eine Apéroplatte mit Jumi-Käse und Simperl- Trockenfleisch. Das würde auch uns munden, doch wir müssen weiter. Denn die Sonne soll für uns bis ans Ende der Route scheinen.
«Wichtig ist Offenheit. Man sollte neugierig sein auf eine innere Reise.»

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Etappe 1

Etappe 2: Zwischensprint Bargen

Zweite Station ist das nur wenige Meter entfernte Café-Bistro «Albert & Frida» im Hotel Landhaus. Im Garten sitzend, erinnern wir uns kurz an das frühere Restaurant «Altenberg» von Bernhard Schwenter im vorderen Teil der Liegenschaft – bis 2011 jahrzehntelang eine Top- Adresse für Berner Gourmets. Seit 2010 ist das Hotel im Anbau des Hauses mit den Gastgebern Angela und Patrick Stadelmann in Betrieb. Und aus dem Lobby-Café wurde im Lauf der Zeit unter «Albert & Frida» wieder ein echtes Restaurant. Wir sind fast froh, dass hier am Samstag und Sonntag die Küche geschlossen ist. Sonst hätten wir vielleicht den Poulet-Involtini oder dem Tatar nicht widerstehen können und den weiteren planmässigen Fortgang unserer Genusstour gefährdet. So bleibt es bei einem «lauten» Wasser und einem hellen «Aarebier», gebraut in Bargen bei Aarberg.

albertfrida.ch

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Etappe 2

Etappe 3: Hollywood im Altenberg

Im Winter treffen sich im Altenbergpärkli bloss Hündeler und hechelnde Jogger. Im Sommer ist die winzige Freizeitanlage seit 2018 auch die Heimat der «Feinkostbar Trybhouz» von Lara Gaschen, Aljoscha van der Stad und Julian Sonderegger. Mittelpunkt ist ein umgebauter Schiffscontainer mit Küche und Bar. Bis heute hat der Saisonbetrieb – drei Monate ab Anfang Juni – seinen Gründercharme abseits des Kommerzlooks ohne Werbe-Sonnenschirme behalten. Das widerspiegelt sich auch im Angebot, das sogar die Gourmet-Zeitschrift «Falstaff» lobend erwähnt. Wir geniessen auf einer Steinmauer sitzend mit Blick auf die Aare und den Altenbergsteg Sardinen in Olivenöl und einen formidablen Gurkensalat mit Kimchi und Sesam. Hundert Meter von hier küssten sich vor fünfzig Jahren die Hollywood-Stars Jacqueline Bisset und Jon Voight im Film «Der Richter und sein Henker». Zehn Meter entfernt posierten vor vierzig Jahren der Berner Kult-Autor E.Y. Meyer und die Verleger-Legende Siegfried Unseld nach ihrem rituellen Aarebad. Und knapp fünf Jahre später setzten Züri West mit dem Song «Fisch» dem Uferweg ein Denkmal. Ewig her und unbedeutend für die heutigen Teenager, die nun neben uns sitzen und ihren Bio-Halloumi-Burger essen. Auch Endo Anaconda – Schöpfer des Songs «Aare» von 1996, der diesen Text inspiriert hat – ist schon dreieinhalb Jahre tot. Die Zeit rast.

trybhouz.ch

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Etappe 3

Etappe 4: Jenseits von Istanbul

Länger lassen wir uns im «Lido Altenberg» nieder, wie das Lokal am Uferweg 4 seit letztem Sommer heisst. Jerry Krebs, bekannt vom Gurtenfestival, konnte die Eigentümerin nach den bleiernen Kebabspiess-Plastikstuhl-Jahren endlich von einer Neuausrichtung des Betriebes an dieser Lage überzeugen. Das kleine Zollhaus, früher als Getränkelager missbraucht, wurde zu neuem Leben erweckt, ebenso der Pavillon gegenüber mit dem Kiosk zum Gehweg hin. Der Küchenspielraum ist sehr begrenzt und richtet sich nach rascher Verfügbarkeit. Wir laben uns an Linsensalat mit Mango und Koriander vom «Ängelibeck», einem «Lido Plättli» mit Hartkäse», veganen Momos («Mama’s Momos») und hausgemachtem Hummus und Brot. Die Getränkepreise sind nicht überrissen. Die Bierauswahl ist hingegen buchstäblich grenzwertig, denn die Reuss (Eichhof, Luzern) mündet bekanntlich erst im aargauischen Brugg in die Aare.

lido-altenberg.ch

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Etappe 4

Etappe 5: Showdown

Die Sonne steht nun schon tief, Finale, Coffee Time: Lena Denier, Micha Dietschy und Boris Mettraux betreiben seit 2017 die Buvette im Lorrainebad, diesen Sommer zum letzten Mal. Überraschend wurde ihnen 2024 ihr Winterquartier, die «Burgunder Bar» an der Speichergasse, gekündigt. Fast gleichzeitig erhielten sie von der SBB das Angebot für einen ständigen Betrieb im neuen Bubenbergzentrum am Hirschengraben. Im kommenden Winter eröffnen sie dort ihr «Lokero Bistro». Das ist ein herber Verlust für das Lorrainebad, aber auch eine Chance. Das Leben ist Veränderung. Geniessen Sie deshalb noch einmal den «falschen Thunfischsalat», «Baba Ganoush» und das «Randentatar». Der nächste Sommer kommt bestimmt.

lorrainebad.ch

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Etappe 5
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