Wie weiter mit dem Autobahnanschluss?
Das Bundesamt für Strassen (ASTRA) will den Autobahnanschluss im Wankdorf massiv ausbauen, die Stadt Bern und auch die umliegenden Gemeinden sind dagegen. Wie geht es jetzt weiter? Journal B hat mit dem Präsidenten des Vereins Spurwechsel, Markus Heinzer, gesprochen.

Journal B: Der Gemeinderat der Stadt Bern hat am Montag bekanntgegeben, dass er die Verkehrsmonster- Initiative annimmt (Journal B berichtete). Mit der Initiative wollte der Verein Spurwechsel und dessen Mitgliedorganisationen den Gemeinderat verpflichten, sich gegen das Ausbauprojekt für den Autobahnanschluss im Wankdorf zu wehren. Hat Sie das überrascht?
Markus Heinzer: Nicht wirklich. Wir hatten nach den Gemeinderatswahlen im vergangenen November eigentlich damit gerechnet, da wir ja die Haltung der neugewählten Mitglieder des Gemeinderates kannten. Es gab auch verschiedene Anzeichen dafür, dass der neue Gemeinderat nach einer solchen Lösung suchte. Wir wussten nur nicht, welches Verfahren er wählen würde, um seine Zustimmung zur Initiative zum Ausdruck zu bringen. Dass er einfach die Initiative annimmt, hat uns überrascht, freut uns aber sehr.
Der Autobahnanschluss ist ein Projekt des Bundes. Die Stadt hat dazu eigentlich nichts zu sagen. Glauben Sie, dass sich das Bundesamt für Strassen ASTRA und Bundesrat Rösti von ihren Plänen abbringen lassen?
Es war immer klar, dass dieses Ausbauprojekt wie die Häuser in Venedig auf verschiedenen Pfählen steht. Mit dem Umschwenken des Gemeinderates ist der letzte tragende Pfeiler weggefallen, aufwelchen das Projekt hätte gebaut werden sollen. Das verändert die Situation auch für die Bundesbehörden, umso mehr als sich in der Stadt keine grössere Kraft mehr für das Projekt starkmacht. Es kann eigentlich keinen Zweifel geben, dass die Stadt grossmehrheitlich gegen das Bauvorhaben ist und sich dagegen wehren wird.
Und was erhofft sich der Verein Spurwechsel? Soll das Projekt einfach aufgegeben werden, oder sollte es ein reduziertes, angepasstes Ausbauprojekt für den Autobahnausbau geben?
Das ist noch nicht definiert. Im Moment gibt es keinen Plan B. Die Planung müsste in jedem Fall wieder von vorne anfangen. Dabei kann ich mir nicht vorstellen, dass nochmals etwas Neues geplant wird, ohne dass die betroffene Bevölkerung eng in die Ausarbeitung einbezogen wird. Ich denke nicht, dass ein Ausbau des Anschlusses im Sinne einer Kapazitätserweiterung überhaupt notwendig ist. Das ist überholt,und dafür gibt es heute keine Mehrheiten mehr. Das schliesst aber punktuelle Verbesserungen des heutigen Zustands, vor allemfür den Langsamverkehr, nicht aus.
Und was geschieht, wenn der Bund an seinem Projekt festhält? Welche Möglichkeiten gibt es, einen Ausbau des Autobahnanschlusses gegen den Willen der Stadt zu verhindern?
Im Vordergrund steht zurzeit eindeutig die juristische Schiene. Die Stadt Bern und private Organisationen sowie ein Anwohner haben gegen den Genehmigungsentscheid von Bundesrat Rösti Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht erhoben. Es ist nicht anzunehmen, dass das Gericht das Projekt einfach in der jetzigen Form und gegen die vielfältige fachliche Kritik durchwinken wird. Viel wahrscheinlicher ist, dass die Beschwerden zu einem langwierigen Verfahren mit einer Vielzahl fachlicher Abklärungen führen werden, das sich über Jahre hinziehen wird. Was geschehen soll, wenn das Projekt am Ende vom Bundesverwaltungsgericht wider Erwarten doch noch gutgeheissen werden sollte, müssen wir dann schauen.
Der Entscheid des Gemeinderates, die Verkehrsmonster-Initiative anzunehmen, erweckt den Eindruck, dass der neu zusammengesetzte Gemeinderat sich nun wirklich für eine andere Verkehrspolitik einsetzen will. Welche anderen Veränderungen in dieser städtischen Verkehrspolitik erwarten Sie für die nächste Zeit?
Ich denke vor allem an die Reduktion von öffentlichen Parkplätzen und an die Reduktion der Strassenfläche für denmotorisierten Individualverkehr zugunsten des Langsamverkehrs. In diese Richtung ist verwaltungsintern schon einiges unterwegs, und ich kann mir gut vorstellen, dass es da in nächster Zeit erhebliche Fortschritte geben wird. Ich könnte mir auch vorstellen, dass sich die Stadt für ein abgespecktes Projekt für den Autobahnanschluss im Wankdorf stark machen wird. Falls der Bund da endlich einlenken würde, könnte ein solches Alternativprojekt sehr rasch realisiert werden.