Corinnas Quartier Talk mit Michèle Wächter

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Schon als Kind ohne Scheu, auf der Bühne zu stehen: Michèle Wächter. Bild: zVg

Michèle Wächter arbeitet als Schauspielerin in Kommunikationstrainings an diversen Bildungsinstitutionen und zurzeit bei «DinnerKrimi» von Peter Denlo und auch im Zirkus, bei Theater- und Kunstprojekten mit Kindern (u.a. Circus Balloni, Tête à Tête, Kulturgutschein- Projekte...).

Persönlich: Michèle Wächter wuchs in Kehrsatz auf und besuchte dort auch die Schule. Schon als Kind wusste sie, dass sie dereinst Richtung Schauspiel oder Bewegung gehen möchte und besuchte nach der Handelsmittelschule mit 23 Jahren die comartTheaterschule in Zürich, genoss dort eine dreijährige Vollzeitausbildung, bildete sich drei Jahre später abermals weiter und besuchte mit 31 Jahren die Mimenschule Magenia in Paris.

Nach ihren Ausbildungen arbeitete sie für diverse Theater und Performanceprojekte in der ganzen Schweiz. Als Ausgleich zu ihrem Beruf wandert die im Wyler wohnhafte Michèle gerne und liebt es zu kochen, ist geübt in Ballett und joggt mit Vorliebe der Aare entlang. Im Jahr 2018 begann sie mit der 5-jährigen Ausbildung zur TCM-Therapeutin, quasi als zweites Standbein, und bietet seit 2025 in ihrer Praxis an der Mattenhofstrasse 5 in Bern diverse TCM-Techniken an. Sie lebt im Wyler.

Wer oder was hat dich «berührt», dass du auf der Bühne arbeiten wolltest?
In der Schule habe ich mich immer besonders darauf gefreut, Vorträge vor der Klasse zu halten – das fühlte sich für mich schon damals an wie eine kleine Bühne. Ich erinnere mich, wie mein Herz dabei schneller schlug, aber nicht vor Angst, sondern vor Vorfreude. Ich glaube, in diesen Momenten ist ein Funke in mir erwacht – die erste Ahnung davon, dass da etwas inmir brennt, das auf die Bühne will.

Wie waren die Ausbildungen für dich? Was hat dich gefordert und gefördert?
Meine Ausbildungen an der comart und an der Magenia waren intensiv, fordernd und gleichzeitig unglaublich bereichernd. Sie haben meine Freude am Spiel und meinen Drang zum Ausprobieren bestärkt. Ich hatte teilweise sehr strenge Lehrer*innen, insbesondere im Bereich Tanz – doch die Disziplin, die von uns verlangt wurde, hat mich stets angespornt und motiviert, über mich hinauszuwachsen. Ich habe nicht nur künstlerisch, sondern auch fürs Leben viel gelernt. Ein Satz meiner Tanzlehrerin und Mentorin begleitetmich bis heute: «If you don’t like it – change it.»

Welche schöne Geschichte verbindest du mit jener Zeit?
Was mir besonders in Erinnerung geblieben ist, sind die unzähligen Proben bis spät in die Nacht. Diese Energie, dieses kreative Feuer, das uns verbunden hat – das hat tiefe Freundschaften entstehen lassen, die bis heute bestehen. Und auch kalte gekochte Spaghetti mit Tomatensauce aus dem Tupperware – von denen ich damals so viel gegessen habe, dass mein Bedarfwohl ein Leben lang gedeckt ist.

Erinnerst du dich an deinen ersten Auftritt?
Ja, ganz genau! Ich war etwa vier oder fünf Jahre alt, als ich im Käfigturmtheater meine erste Ballettaufführung hatte. Ich erinnere mich noch gut an das Gewusel hinter der Bühne – merkwürdigerweise hat mich das nicht nervös gemacht, sondern mir ein Gefühl von Geborgenheit gegeben. Es fühlte sich sofort nach «zu Hause» an.

Wie kam es zur Arbeit mit Kindern?
Nach meiner Ausbildung an der comart spielte ich in verschiedenen Kleinproduktionen mit. Dort lernte ich jemanden kennen, die beim Kinderzirkus arbeitete – und plötzlich war ich mittendrin. Von Anfang an hatmir die Arbeitmit Kindern gefallen. Jahre später, im CAS teaching artist an der HKB, begegnete ich der Szenografin Isabel Vogel aus Zürich. Gemeinsamhaben wir viele Projekte realisiert – unter anderem zweimal den Wettbewerb tête à tête des Kantons Bern und der Stanley Thomas Johnson Stiftung gewonnen – und das Künstlerinnenduo Frau Rot und Frau Blau gegründet.

Was tut dir bei dieser Arbeit besonders gut?
Kinder sind sehr ehrlich. Ich merke sofort, woran ich bin – was funktioniert und was nicht. Diese Direktheit und das unmittelbare Jetzt sind für mich zentral. Es wird nicht lange drumherum geredet. Das ist erfrischend und klar. Die Aufregung der Kinder vor einer Aufführung – dieses Kribbeln, diese Lebendigkeit. Und danndas Leuchten in ihren Augen nach der Vorstellung. Ich bekomme bei jeder Aufführung Gänsehaut vor Rührung und Freude. Es ist eine zutiefst erfüllende Arbeit.

Gibt es auch hier eine schöne Geschichte, die dir in Erinnerung bleibt?
Ja, vor ein paar Jahren hatten wir ein grosses Zirkusprojekt an einer Schule mitten in Zürich. In der Clowngruppe war ein Kind mit selektivem Mutismus, das zu Beginn der Woche kein Wort sprach.Doch im Laufe des Projekts, durch das gemeinsame Spiel, das Vertrauen in die Gruppe und den geschützten Rahmen, fing dieses Kind plötzlich an zu sprechen. Es war ein unglaublich berührender Moment, der mir eindrücklich gezeigt hat, wie stärkend und heilsamkreative Prozesse sein können – und wie viel Potenzial in solchen Projekten steckt.

Gerade bist du mit einem Zirkusprojekt beschäftigt. Kannst du uns ein bisschen davon erzählen?
Wir gestalten mit einer Schule in Münsingen eine Projektwoche rund um das Thema Zirkus. Gemeinsam mit den Lehrerinnen erarbeiten die Kinder ein vielfältiges Programm, das in zwei Vorstellungen im grossen Zirkuszelt gipfelt. Diese Woche war rundumgelungen – vom Wetter über die motivierten und talentierten Kinder bis hin zu einem engagierten Lehrerinnen-Team.

Falls du eine Anfrage für eine Hauptrolle in einem Filmprojekt wählen könntest, welche wäre es?
Die böse Stiefmutter in Schneewittchen! Ich mag böse Figuren. Da frage ich mich immer, wie jemand böse oder gemein wird – was ist da für eine Geschichte dahinter.

Du hast dich als TCM-Therapeutin ausbilden lassen. Was hat dich daran gereizt und wann und wo startest du mit deinem Angebot?
Ich wollte mir schon lange ein zweites berufliches Standbein aufbauen. Als Schauspielerin habe ich erfahren, wie eng Körper und Geist miteinander verbunden sind – und wie wichtig es ist, in Balance zu bleiben. Dieses Verständnis fliesst heute in meine therapeutische Arbeit ein. Meine Praxis salut tcmin Bern ist seit 2025 geöffnet: www.salut-tcm.ch

Wirst du Theaterspielen und die Arbeit mit Kindern beibehalten?
Ja, unbedingt! Für mich ist der Ausgleich zur therapeutischen Arbeit essenziell. Das Wechseln zwischen diesen beiden Welten macht mein Leben lebendig und abwechslungsreich.

Wo zieht es dich im Nordquartier hin, wenn du Kultur erleben willst?
Ich gehe gerne ins «Kairo» zu einem Konzertoder auchmal insABC-Kino.

Und wohin, wenn du Entspannung und Ruhe suchst?
In den Botanischen Garten – eine wahre Oase der Ruhe. Die schönen alten Bäume, besonders die Ginkgobäume, strahlen für mich eine ruhige Präsenz aus und wenn sie sich im Herbst verfärben, binichimmer wieder fasziniert von der goldenen Pracht. Als Abrundung und um wieder fit für den nächsten Termin oder Auftritt zu sein, gönne ich mir im Café Fleuri gerne einen kalten Kaffe.

Und zu guter Letzt: Welche Frage, die dir noch nie gestellt wurde, würdest du gerne einmal beantworten – und wie würde deine Antwort lauten?
Frage: «Was bedeutet Erfolg für dich?» Antwort: Wenn ich mit dem, was ich tue, Menschen berühren und inspirieren kann – sei es auf der Bühne, im Zirkuszelt oder in meiner Praxis – dann fühlt sich das für mich wie Erfolg an.

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