Das Kultlokal schliesst am 31. Mai
Knapp drei Jahrzehnte war das «Luna Llena» ein gastlicher Ort der etwas anderen Art, der perfekt ins Nordquartier passte. Die letzte Runde geht am kommenden Samstag über die Theke.

Vor 29 Jahren ist die Gastro-Erde noch wüst und leer, jedenfalls in Bern. Überall regieren Grossbrauereien und die Glacé kommt vom Fliessband. Doch im Keller an der Scheibenstrasse 39 zeigt der gelernte Konditor Daniel Münger mit seiner Glacé-Manufaktur schon damals, dass es auch anders geht, lange vor dem heutigen Platzhirsch, der mittlerweile auch an der Scheibenstrasse vertreten ist. 1993 beginnt Münger mit seiner Produktion in einer Garage im Marzili. Das Foto einer Eiskugel inspiriert ihn zum Namen «Luna Llena – auf Spanisch Vollmond. Zwei Jahre später zügelt er in den «Breitsch» und stellt auf Bio-Qualität um. Und als die Räumlichkeit im Hochparterre frei wird, kommt seinem Compagnon und Koch, dem gebürtigen Chilenen Carlos Cornejo, die glänzende Idee, in der ehemaligen Bäckerei eine Bar samt kleinem, aber feinem Küchenangebot zu eröffnen. Bald sitzt dort nicht nur der Autor dieser Zeilen und lässt sich seine Stange Egger Bier aus Worb munden. Das «Luna Llena» wird zum Szenetreff. Nie aber zum überlaufenen Mode-Treffpunkt. Der Quartiercharme bleibt immer bestehen. Und die Bar ist auch ein Kulturort mit Lesungen und Konzerten. Der Berner Schriftsteller Christoph Simon hat sogar einen Roman nach ihr benannt, erschienen 2003 im Bilger-Verlag. Eines der Konzerte wird schweizweit bekannt. Nach einem YB-Heimsieg wird Anfang März 2010 kräftig gefeiert. Die damals regelmässig dort auftretende Band «Mani Porno» spielt, das Bier aus Worb fliesst. Schliesslich bittet Sänger Urs «Binggis» Gehri den anwesenden Stadtpräsidenten Alex Tschäppät auf die Bühne und ans Mikrofon. Dieser singt nicht nur mit, sondern verändert im Übermut sogar den Text und ersetzt bei der Liedzeile «Sämi Schmid Motherfucker» Schmids Name mit demjenigen von Christoph Blocher. Der Aufschrei im bürgerlichen Lager ist gross und Tschäppät entschuldigt sich schliesslich öffentlich. Diese und andere wilde Episoden kommen nun noch bis am kommenden Samstag ein letztes Mal auf den Tisch. «Wie das auch sonst so mit Vollmonden passiert, wird es auch für das Luna Llena Zeit, sich vom Nachthimmel zu verabschieden. Am 31. Mai sagen wir deshalb Adios y Muchas Gracias. Nur dank euch war unser Mond auch ein voller Mond!» steht zum Abschied auf der Website. Wir lassen das gerne für sich selber sprechen.