Der Hof als Bühne für Gesang und zur Pflege der Nachbarschaft
Vom 22. bis 25. Mai 2025 findet zum vierten Mal der «bernerHOFgesang» im Nordquartier statt. Insgesamt treten 37 Chöre in 44 Höfen auf. Unentgeltlich und mit unterschiedlichsten Stilrichtungen. Vom «Feministischen Streikchor» bis zum «Frauenjodelensemble Marzililerchen»: Für alle stehen die Freude am Gesang und die Pflege des sozialen Umfeldes im Vordergrund.

Der Hof ist ein von Gebäuden umschlossener, jedoch zugänglicher Raum. Ein Freiraum, der durch seine Zugänglichkeit dazu einlädt, genutzt und belebt zu werden für Begegnungen; oder für andere Aktivitäten, beispielsweise für Chorgesang. Wenn Chöre ihr Liedgut den Bewohnenden der Häuser ringsum vortragen, erfahren Innen- und Hinterhöfe eine Aufwertung, welche die Öffentlichkeit sensibilisieren soll für deren soziale Bedeutung. Den Hof als Lebensraum wahrnehmen, den Austausch unter den Chören fördern sowie die Positionierung des Chorgesangs als künstlerische Ausdrucksform in der Bevölkerung: Das ist, was der Verein «bernerHOFgesang » will. Und das ist, was den Mitgründer und heutigen Präsidenten Heiri Dauwalder veranlasste, die Idee des Hofgesangs auch in Bern zu installieren. Dies, nachdem der mittlerweile pensionierte Musiklehrer einer öffentlichen Schule mit dem A-cappella-Quintett «la misère des pois vulgaires» mehrmals am Hofgesang in Zürich aufgetreten war. Seither brachte er die Idee, Höfe mit Gesang zu beleben und ihre Wirkung als Begegnungsort in der Nachbarschaft zu vertiefen, nicht mehr aus dem Kopf. Im Jahr 2019 fand die erste Ausgabe in Bern statt und wiederholt sich seitdem alle zwei Jahre.
Tage der Nachbarschaft
Obschon vereinzelt auch in anderen Quartieren gesungen wird, ist und bleibt der Gesang in den Höfen eine Nordquartier-Angelegenheit. «Klein und fein haben wir begonnen», sagt Heiri Dauwalder, «und so wollen wir es beibehalten.» Bewohnende im Quartier, die Kenntnis von einem Hof haben und der Meinung sind, dieser sei geeignet für den Hofgesang, können den Verein im Hinblick auf die nächste Ausgabe darauf aufmerksam machen. Bevorzugt werden Höfe und Plätze, die auch sonst benutzt, belebt und vor allem ringsum bewohnt sind. Damit die Sängerinnen und Sänger in den Genuss des schönsten Erlebnisses kommen, so der Präsident, «nämlich jenen Moment, wenn sich ringsum an Fenstern, auf Balkonen oder im Hof selbst die Menschen zeigen und dem Gesang lauschen». Dieses Jahr passe der Zeitpunkt besonders gut zum Anlass, erwähnt Heiri Dauwalder, da während der Veranstaltung der internationale Tag der Nachbarschaft begangen wird; kaum etwas könne für den «bernerHOFgesang» bezeichnender sein als das Bewusstsein, nachbarschaftliche und gemeinschaftliche Aktivitäten zu fördern. Passend dazu ist die Tatsache, dass der Verein grundsätzlich alle Chöre willkommen heisst, die mitmachen wollen und sich bewerben.
Alle Stilrichtungen willkommen
Das Angebot an Chören, die zu einer hohen Vielfalt an musikalischer Ausrichtung beitragen, ist gross: «Allein aus dieser Anzahl ergibt sich, dass alle gängigen Stilrichtungen beim Anlass vertreten sind», sagt Heiri Dauwalder, «vom Jodeln über Klassik bis Jazz und Pop, alles ist da und willkommen ». Die Chöre sind dankbar für die zusätzlichen Auftritte, auch deshalb, weil Darbietungen in einem Hof eine besondere Erfahrung für Sängerinnen und Sänger darstellen. Das Bestreben des Vereins, die Hofgesang- Tage weiterhin überschaubar zu halten, äussert sich auch in der Beschränkung auf zwei Konzerte im selben Hof pro Abend, was mit ganz wenigen Ausnahmen eingehalten wird. «Wir wollen das Verständnis der Anwohnenden nicht überstrapazieren; die beiden Konzerte zweier verschiedener Chöre dauern jeweils 20 bis 30 Minuten und um 21 Uhr ist Schluss.» Man nimmt dem Präsidenten seine Bezeichnung von «klein und fein» ohne weiteres ab, allerdings kommt der Verein trotz dieses Bekenntnisses nicht umhin, einen beachtlichen organisatorischen und logistischen Aufwand zu betreiben. Es gilt, insgesamt 107 Konzerte abzuwickeln und nicht alle der Teilnehmenden sind ortskundig im Nordquartier.
Erfolgsgeschichte für alle
Der Umstand, dass die Chöre im Vorfeld des Anlasses das Datum, die Zeit und den Auftrittsort wünschen können, kommt ihnen entgegen und zudem, so Heiri Dauwalder: «Beim Programmteil auf unserer Website, wo alle Konzerte aufgelistet sind, erscheint beim Klick auf den Auftrittsort ein Kartenausschnitt.» Was für die Chöre genauso hilfreich ist wie für die Besuchenden, ebenso die Möglichkeit, bei einem Klick auf den Namen des Chores direkt auf dessen Homepage zu gelangen. Heiri Dauwalder wäre nicht jener umtriebige Vereinspräsident, der er ist, würde er nicht jedem teilnehmenden Chor separat mitteilen, wie es sich verhält mit dem öffentlichen Verkehr, wo genau der Hof ist und wie man zu Fuss zum nächsten gelangt, wo sie nach Möglichkeit von Mitgliedern des Vereins beim Eintreffen begrüsst werden. Es gibt viel zu tun für Heiri Dauwalder und sein Team rund um den «bernerHOF gesang». Sei es die vorgängige Information von Anwohnenden der Höfe, wo Konzerte stattfinden oder der Kontakt zu den umliegenden Kirchen mit der Frage, ob das Glockengeläut in diesen Tagen etwas zurückhaltender ausfallen könnte. Viel Engagement also, jedoch eines, das sich offenbar lohnt und auf eine hohe Wertschätzung aller Beteiligten stösst. Solches kann als Erfolgsgeschichte bezeichnet werden oder, so die Zusammenfassung von Heiri Dauwalder: «Es macht einfach grosse Freude.»
INFO
4. «bernerHOFgesang»
22. bis 25. Mai 2025
Nordquartier/Holliger/Baumgarten/ Burgernziel


