Leicht wie ein Schmetterling
Das «Kafi Pfyfouter» ist eine Landoase in der Stadt, inklusive ruhiger Innenhof-Terrasse. Besonders empfehlenswert ist ein Besuch des Lokals beim Breitschplatz zum Weekend-Brunch.

«Easy Like Sunday Morning» ist eine ikonische Slow-Nummer, die Lionel Richie 1977 für die Motown- Gruppe Commodores schrieb, deren Teil er vor seiner Solo-Karriere war. 1992 brachte die US-Hardrock-Band Faith No More das Lied mit dem charakteristischen Gitarrensolo wieder neu ins Gedächtnis. Gespielt wird es am Radio bis heute, verständlicherweise besonders oft an Sonntagvormittagen. Egal, welche Version Sie bevorzugen, gibt es wohl keine bessere musikalische Einstimmung für einen Wochenend-Besuch im «Kafi Pfyfouter» als diese. Das Lokal an der Stauffacherstrasse in unmittelbarer Nähe des Breitschplatzes ist auch unter der Woche mit einem kleinen, aber feinen Angebot von Mittagsmenüs offen. Doch wir möchten den Ernst des Alltags heute gerne kurz vergessen und die besungene Leichtigkeit dieses Sonntagmorgensmöglichst lange in den Tag mitnehmen. Auch wenn «Easy Like Sunday Morning», das sei nicht verschwiegen, im Grunde genommen ein Trennungssong ist, die Ruhe vor dem Sturm sozusagen.
Unaufgeregt und charmant
Apropos Morgen: Den Gipfeli- Freunden unter Ihnen raten wir zu einem frühen Erscheinen im «Pfyfouter ». Bei unserem Besuch gegen Mittag sind sie schon ausverkauft. «Wir hatten heute Morgen einen ziemlichen Ansturm», sagt die charmante Servicefrau entschuldigend. Für uns ist das nicht weiter schlimm, Gipfeli sind sowieso überschätzt, finden wir. Und zu viele davon würden unsere Flügel eher schwerfällig machen. Andere Meinungen lassen wir aber gerne gelten. Genuss ist in jedem Fall ein Menschenrecht, solange niemand zu Schaden kommt. Im Innern ist das «Kafi Pfyfouter» – seit 2019 anstelle der an die Moserstrasse weitergezogenen Weinhandlung Cantina del Mulino im früheren Metzgereilokal befindlich – ein Betrieb im Tea-Room-Café-Stil, wie er früher auch im «Praliné» an der Rütlistrasse oder dem «Weibel» an der Schärerstrasse gepflegt wurde. Eine Renaissance, die sich nicht nur im Angebot niederschlägt. Halten wir kurz die Augen geschlossen, könnten wir zum Beispiel gerade auch in Grosshöchstetten sitzen, nicht zum Nachteil unserer Gemütsverfassung. Auffallend sind die bereits erwähnte Freundlichkeit des Personals und die charmante Unaufgeregtheit insgesamt – auch im Vergleich zur Wettlaufstimmung an den Frühstücksbuffets in anderen Berner Häusern. «Humor ist der Knopf, der verhindert, dass einem der Kragen platzt», steht dazu passend auf demSpiegel im grossen Gastraum. Wir nehmen es uns zu Herzen.
Bern trifft Berlin
Eine strenge Bise sorgt dafür, dass wir noch keinen Gedanken ans Verweilen auf der bereits erwähnten Innenhof- Terrasse verschwenden. Auch den namensgebenden «Pfyfoutern », den Schmetterlingen, wäre es dort sicher zu kalt. Der Mundartausdruck, der sich der Generation Z und Alpha vielleicht nicht ganz auf Anhieb erschliesst, beinhaltet den im Berndeutschen früher gerne verwendeten Begriff «Falter» für die meist bunten Insekten. Und vom «Falter» zum «Flattern» ist es nur noch ein kleiner Schritt oder besser ausgedrückt Flug. Wir bleiben also im Innern und studieren die Karte, während uns ein Cappuccino serviert wird. Die Frühstücksauswahl umfasst die drei Arrangements «Berner Art» mit Orangensaft, Gipfeli, Brötchen, Butter und Konfitüre, «Bärehunger» mit zusätzlichem Wurst- und Käseteller sowie «Berliner Art» mit Spiegeleiern, gebratenem Speck und gerösteten Zwiebelringen. In Berlin ist das Morgenessen bekanntlich oft bis in den Abend hinein erhältlich, im «Pfyfouter» am Samstag und Sonntag immerhin auch bis 14 respektive 14.30 Uhr,unter der Woche von 8 bis 11.30 Uhr.
Der Montag kommt früh genug
Doch ist uns heute weder nach Bern noch Berlin, sondern eher nach französischen und amerikanischen Klassikern der Frühstückskunst. Für die Dame gibt es eine Omelette mit Käse, Kräutern und Zwiebeln, für den Herrn Egg Benedict mit pochierten Eiern, Sauce Hollandaise und Blattspinat auf Toast. Wie bei anderen sagenumwobenen Rezepten gibt es auch für dieses Gericht mehrere Versionen seiner Entstehung. Fakt ist, dass sich ein reicher Gast aus dem Finanzsektor namens Benedict in New York – je nach Variante im «Delmonico’s» oderim«Waldorf-Astoria » – kurz vor 1900 etwas besonders Exquisites zum Tagesbeginn wünschte. Ihm hat die Kreation damals hoffentlich ähnlich gemundet wie uns im März 2025. Nach dem Motto «Fit in den Tag» steht auch eine Bowl mit Granola, Naturjoghurt und frischen Früchten zur Wahl. Und in der Vitrine locken Sandwiches, belegte Brote, Kuchen und Tortenstücke. Der Montag kommt noch früh genug.



INFO
Küche: geradlinig, ohne Schnickschnack
Service: sehr freundlich und hilfreich
Ambiente: sicher kein Hipster-Tempel
Preise: eher günstig
Adresse: Stauffacherstrasse 11, 3014 Bern, Telefon 031 331 95 05
Öffnungszeiten: Dienstag bis Freitag, 8 bis 17 Uhr, Samstag 8 bis 15 Uhr, Sonntag 9 bis 17 Uhr