Pizzeria «Piazza Vittoria»

Ein bunter Abend mit einem Hauch Rimini

Seit letztem Frühling gibt es auch am Viktoriaplatz eine Pizzeria. Doch die «Piazza Vittoria» ist kein neues Lokal in einer Flut von vielen, sondern eine echte Bereicherung für das Nordquartier. 

Jean-Claude Galli
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Aussenansicht Piazza Vittoria. (Bilder: jc)

Wenn wir jeweils beim Viktoriaplatz auf den 9Aer-Bus Richtung Innenstadt warten, sehen wir regelmässig mittags oder auch abends Menschen mit glücklichen Gesichtern, die das reizlose Gebäude an der Hausnummer 72 verlassen. Sie kommen meistens direkt aus dem eher unscheinbaren Lokal namens «Piazza Vittoria». Und so ein glückliches Gesicht wollten wir natürlich auch möglichst rasch. Weil aber die gastronomische Welt im Nordquartier immer in Bewegung ist, dauerte es dann doch eine ganze Weile, bis wir das letzten Frühling eröffnete Lokal endlich besuchten. Es liegt an jener Ecke, die man mittlerweile dank «Viktor», «Löscher» und «Nooch» als kleinen Gastro- Hotspot bezeichnen könnte. Unser Besuch fiel auf den Valentinstag und jeder Tisch war bereits besetzt oder reserviert. Doch empfiehlt sich eine Vorbuchung zumindest am Abend immer, wie uns Stammgäste versichern. «Authentisch» ist ein mittlerweile etwas abgenutzter Begriff. Doch hier verwenden wir ihn gern. Dieses Beleuchtungs- und Farbkonzept, das uns müden Schweizer Geistern immer als einen Tick zu grell erscheint, kennen wir aus unvergesslichen Ferientagen auf der ganzen Länge zwischen Novara und Siracusa. Und auch die direkte und zugängliche Art des Personals schafft in unserem Kopf den sofortigen Switch und wir fühlen uns wie in einem Strandlokal in Rimini. Nur die freie Sicht aufs Mittelmeer fehlt.

Das kindliche Gemüt der Jugend schätzt es noch, wenn eine Auswahl möglichst breit ist. Heute tendieren wir – auch geschult durch etliche Lokalbesuche – eher dazu, jenen Häusern den Vorzug zu geben, die uns eine übersichtliche Karte präsentieren. Hier ist die Pizza der Star, dies aber in gebührender Weise und zwei Dutzend Varianten. Zur Einstimmung ordern wir einen Salat, einen gemischten und einen mit Thon. Und ganz kurz kommt uns bei der Bestellung die mittlerweile weit über zwanzigjährige Geschichte in den Sinn, wie der damalige Stadtpräsident Klaus Baumgartner unweit vom Viktoriaplatz den Fisch gleich selber in ein Lokal mitbrachte und sich seinen grünen Salat upgraden lassen wollte, ohne aber den Aufpreis zu akzeptieren. Dieser «Insalata di tonno » hier ist so gut und preiswert, dass wohl selbst der sparsame «blonde Bär» schwach geworden wäre. Überhaupt sind die Preise durchs Band weg fair.

Königinnen, Jahreszeiten und eine Wurst aus Kalabrien

Dann kommt die Qual der Wahl, bei der auch ein Blick auf den Nachbarstisch wenig hilft, weil sich überall ein verlockendes Bild bietet. Die bereits erwähnten Stammgäste haben uns die «Hauskreation» «Piazza Vittoria 72» empfohlen, eine Variante mit Fior di latte, Gorgonzola und 'Nduja, wobei es sich beim letztgenannten Zungenbrecher um eine kalabresische Wurstspezialität handelt, die die Franzosen als «Andouille » kennen und aufs Baguette streichen. In einer Sauce oder eben auf einer Pizza macht sie sich gleichfalls formidabel. Doch wir entscheiden uns schliesslich, um einen guten Vergleichswert mit anderen Häusern dieser Art zu haben, für den Klassiker «Quattro stagioni». Und unsere bezaubernde Begleitung – der Strauss steht auf dem Tisch, ist aber nicht von uns – rühmt den Umstand, dass hier ebenfalls eine «Marinara » auf der Karte steht. Pizza ist zwar auch in der Schweiz ein kulinarisches Allgemeingut, doch nicht allen Menschen bekommt Käse gleichermassen. Eindruck hinterlassen bei uns zudem die Varianten «Regina di Parma», «Norma» mit frittierten Auberginen, Cherrytomaten und Ricotta, «Finocchiona» mit Fior di latte und fenchelhaltiger Salami und die zwei Pizze bianche, «Boscaiola» mit Steinpilzen und «Rucolona». Ein wichtiger Rat: Das Wort «klein» lässt verschiedene Interpretationen zu. In diesem Lokal wird es grosszügig interpretiert, was wir auch beim Dessert merken. Eine kleine Pizza reicht für Bürolisten vollends aus, vor allem, wenn sie vorher noch einen Salat bestellen. Doch ist es auch möglich, sich den Rest einpacken zu lassen. Und nicht nur die Amerikaner schwören auf «Leftover Pizza». Neben den Pizze figurieren auf der Karte auch Calzoni, Panini oder Piadipizze.

Wein oder Bier?

Was passt zur Pizza? Wir wollen mit dieser heiklen Diskussion gar nicht erst beginnen und bestellen gleich beides. Beim Wein wenden Sie sich am besten ans Personal. Im Offenbierausschank gibt es Egger, wir empfehlen Ihnen aber auch «Itchnusa ». Diese italienische Kostbarkeit stammt aus Assemini auf Sardinien und wirkt dank der unorthodoxen Flaschenform immer noch wie ein halber Geheimtipp, obschon die Brauerei mittlerweile auch schon seit knapp 40 Jahren zur Heineken- Gruppe gehört. Aussenansicht Piazza Vittoria. Bilder: jc Beim Dessert kommt wie angekündigt noch einmal das Wort «klein» ins Spiel. Denn als das gewünschte Tiramisu auf unseren Tisch kommt, merken wir schlagartig, welchem Zweck die von uns vorgängig bestaunten grossen Glasbecher in der Vitrine wirklich dienen. Doch lassen sich – Valentinstag – in der Not auch zwei Löffel bestellen. Die wohl zuvor beim israelischen Zauberkünstler Uri Geller in Behandlung waren. Mehr sagen wir nicht. Gehen Sie hin, schauen Sie selbst. Und auch Sie werden die Hausnummer 72 mit einem glücklichen Gesicht verlassen.


INFO

Küche: Pizza und basta
Service: direkt und sympathisch
Ambiente: wie beim Nachbarn
Preise: günstig («Margherita» für 15 Franken)
Adresse: Viktoriastrasse 72, 3013 Bern, Telefon 031 331 14 44

Öffnungszeiten:
Dienstag bis Freitag, 10 bis 22 Uhr Uhr
Samstag, 17 bis 22 Uhr
Sonntag und Montag geschlossen


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Genussvoll: Insalata di tonno.
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Pizza Quattro Stagioni.
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Eingangsbereich mit Schriftzug.
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Ein Tiramisu zum Dessert.
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