Dieser Artikel wurde von der «Berner Zeitung» zur Verfügung gestellt.

Alte Feuerwehr Viktoria

Für die spektakulären Baupläne fehlt viel Geld

Neubau, Sanierung, Umzug eines Hauses auf Schienen: Auf dem Areal beim Viktoriaplatz ist Grosses angedacht. Nur: Kann es auch umgesetzt werden?

Cedric Fröhlich
Agnes Hofmann und Lorenz Keller, Genossenschaft Viktoria
Agnes Hofmann und Lorenz Keller von der Genossenschaft Viktoria an der Rutschstange in der alten Feuerwehrkaserne. (Foto: Beat Mathys)

Die Bunkertür knarzt, Agnes Hofmann steigt hinab ins Gemäuer. Unter der alten Feuerwehrkaserne hätte der Berner Gemeinderat im Zweiten Weltkrieg weiterregiert, wäre irgendwer einmarschiert. Später bauten die Feuerwehrleute eine Sauna und eine Bar ein. Heute führt Hofmann – 60, Geschäftsführerin der Genossenschaft Viktoria – durch die staubigen Etagen, wenn sie zeigen will, dass es losgeht mit dem womöglich kompliziertesten Um- und Neubau in der Bundesstadt. Fürs Erste weichen Schwitzhütte und Schenke neuen WCs und einem Boxkeller. «Schickimicki wird das nicht», sagt Hofmann. «Bleibt ja immer noch ein Bunker.» Es ist ohnehin erst der Anfang.

Die alte Feuerwehr am Viktoriaplatz wird seit dem Auszug der Berufsfeuerwehr 2014 zwischengenutzt. Insgesamt 30 Projekte haben sich eingemietet: Da sind das Restaurant Löscher und eine Quartierwerkstatt, Pflanzenbörse, Zirkusschule. Es ist ein Ort der Ideale: Gemeinnutz statt Profitmaxime. Das macht die Sache mit dem Um- und Neubau nicht ganz einfach. Vor rund zwei Jahren machte sich die Genossenschaft auf die Suche nach Geldgebern, gebaut wird noch immer nicht. «Wir sind im Hinterlig», räumt Hofmann ein. Gründe dafür gibt es einige: die Teuerung, die Nutzung des ikonischen Turms, der unter Denkmalschutz steht, dass ein Unterfangen dieser Grössenordnung immer komplexer ist als gedacht.

Ein Gebäude auf Schienen

Auf dem Boden der Feuerwache soll Wohnraum für bis zu 50 Menschen entstehen sowie mehr Platz für die Tagesbetreuung der Schule Spitalacker. Konkret will die Genossenschaft Viktoria:

  • Die alte, grösstenteils denkmalgeschützte Bausubstanz sanieren.
  • Das Gebäude an der Gotthelfstrasse auf Schienen in den Hof verschieben.
  • An der Stelle einen Neubau hochziehen.

 

Seit Februar liegt die Baubewilligung für den ersten Schritt, die Sanierung, vor. Der Löscher erhält eine neue Küche und bleibt deshalb von den Sommerferien bis im Herbst geschlossen. Weiter stehen vor allem kleinere Arbeiten an, wie im Bunker oder die Isolation der Garagentore.

Da die Kaserne mit ihrem Turm unter Denkmalschutz steht, bleibt vieles so, wie es ist. «Die lindgrünen Wände, die roten Böden, daran dürfen und wollen wir nichts ändern», so Hofmann. «Die alte Feuerwehr behält ihren wilden Charakter bei», ergänzt Lorenz Keller, Hauswart der Genossenschaft. «Die Leute müssen damit leben, dass hier nie alles ganz fertig sein wird.»

In den Büros der Genossenschaft sind die Szenarien für die grösseren Brocken skizziert. Im Sommer will die Genossenschaft das Baugesuch für die Verschiebung des Saalbaus und den Neubau eingeben. «Best case», steht da, «keine Einsprachen».

Als in den Anfängen der Zwischennutzung auch eine Asylunterkunft im Kopfbau untergebracht war, störten sich einige aus der Häuserzeile nebenan am Lärm im Innenhof. Nachbarinnen hatten Angst «vor einer zweiten Reitschule». Die Genossenschaft investierte über die Jahre viel, um das Quartier einzubeziehen. Im Hinblick auf den Neubau steht sie gemäss Hofmann mit der Nachbarschaft im Austausch. Bevor die Pläne bewilligungsfähig sind, stehen andere Fragen im Vordergrund. Etwa wie der Neubau beheizt werden darf.

800’000 Franken gesucht

Agnes Hofmann ist seit einem guten halben Jahr Geschäftsführerin der Genossenschaft Viktoria. Sie habe in der kurzen Zeit viel über die Bauteuerung gelernt und die Zinslandschaft gelesen. Sie spricht von einem Aufschlag von «gut 15 Prozent» auf den Projektkosten. Die Genossenschaft steht vor demselben Problem wie andere Bauherrinnen im Land, nicht zuletzt die Stadt Bern. Aktuell fehlen rund 800’000 Franken Eigenkapital.

Verschiebung und Neubau würden gegenwärtig rund 16 Millionen Franken kosten. Es sind Überlegungen im Gang, wie sich das Ganze auch mit 14 Millionen umsetzen liesse. «Es geht um die Frage, was wir wegsparen können, ohne die Nachhaltigkeit des Projekts zu schädigen », sagt Hofmann. Die Genossenschaft steht dabei auch vor einem für sie sehr grundsätzlichen Problem: je höher die Kosten, desto höher die künftigen Mietzinse.

Viktoriaareal
So sieht das Viktoriaareal auf den Plänen der Architekten aus. (Foto: zvg)
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