Berner Bücher 2023

Lesestoff unter dem Weihnachtsbaum

Es ist bereits zu einer schönen Tradition geworden: Auch dieses Jahr präsentieren wir Ihnen eine Auswahl an lesenswerten Büchern aus Berner Hand. Zum Verschenken oder Selberbehalten.

Jean-Claude Galli
Berner Bücher 2023

An Kim de l’Horizons «Blutbuch» kam 2022 niemand vorbei, ausgezeichnet mit dem Schweizer und auch Deutschen Buchpreis. 2023 dominieren aus Berner Sicht die Frauen, allen voran Sarah Elena Müller, die mit «Bild ohne Mädchen» im Wettbewerb um den Schweizer Buchpreis nur knapp von Christian Haller geschlagen wurde. Hier unsere zehn Empfehlungen plus weitere bemerkenswerte Neuerscheinungen aus Bern, wie immer ohne Anspruch auf Vollständigkeit.

Sarah Elena Müller, «Bild ohne Mädchen», Limmat Verlag

Ein Debüt mit Sprengkraft, das Publikum und Kritiker gleichermassen in Bann schlug. Die Multimedia- Künstlerin, die 2014 die HKB mit einem Bachelor in Fine Arts abschloss, war für den Schweizer Buchpreis nominiert und wurde mit dem Literaturpreis des Kantons Bern ausgezeichnet. Im Zentrum des Romans steht ein Mädchen, das sein Bett nässt und kaum spricht. Beleuchtet wird das heikle Thema der Pädophilie im linksalternativen Milieu der 1960er-Jahre.

Saskia Winkelmann, «Höhenangst», Verlag Die Brotsuppe

Auch «Höhenangst» ist ein furioser Debüt-Roman. Winkelmann, geboren 1990 in Thun, studierte Sprachkunst in Wien und Contemporary Arts Practice in Bern. Sie schreibt, veranstaltet, moderiert und ist auch als DJ «Kia Mann» unterwegs. Im Fokus dieser ergreifenden Ode an die Freundschaft und Liebe steht eine 18-Jährige, die um ihre beste Freundin trauert. Winkelmann wurde dafür wie Sarah Elena Müller mit dem mit 10 000 Franken dotierten kantonalen Literaturpreis ausgezeichnet.

Tabea Steiner, «Immer zwei und zwei», Edition Bücherlese

Die gebürtige Thurgauerin studierte von 2004 bis 2016 in Bern Germanistik und Geschichte und prägt die regionale Literaturszene seit längerem, u. a. als Initiatorin des Thuner Literaturfestivals. 2019 gründete sie mit Sarah Elena Müller, Katja Brunner, Anaïs Meier, Gianna Molinari, Michelle Steinbeck und Julia Weber das feministische Autorinnenkollektiv «RAUF». In ihrem neuen Roman erzählt sie vom Versuch einer Frau, aus dem engstirnigen Milieu einer Freikirche auszubrechen.

Christine Brand, «Der Feind», Blanvalet

Nicht nur ihre Bücher sind beängstigend (spannend), sondern auch die Kadenz, mit der sie einen Bestseller nach dem anderen raushaut. Der neuste Wurf der früheren «Bund»- und «NZZ»-Gerichtsjournalistin heisst «Der Feind» und ist ein «Pageturner », für den man sich am besten gleich die ganze Nacht reserviert. Daneben sind dieses Jahr erfreulicherweise auch ihre früheren Romane «Todesstrich» und «Das Geheimnis der Söhne» wiederaufgelegt worden.

Esther Pauchard, «Jenseits der Sprechstunde», Lokwort Buchverlag

Auch diese Frau kann Krimi, was sie letztes Jahr mit «Jenseits der Gier» bewies. 2023 punktet Pauchard mit dem Sachbuch «Jenseits der Sprechstunde ». Geboren 1973, hat sie in Bern Medizin studiert und arbeitet seit über zwanzig Jahren als Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie. Ihr auch Laien zugänglicher Ratgeber beantwortet Fragen wie «Ist körperliches und psychisches Wohlbefinden Glücksache?» oder «Was hat Ihre Gesundheit mit Ihnen selbst zu tun?».

Ruth Margot, «Durch den Schatten singen», Weber Verlag

Margot erzählt in «Durch den Schatten singen» ihre eigene Geschichte: Geboren 1945 als aussereheliches Kind eines sardischen Partisanen, wächst sie mit ihrer Schweizer Mutter im Emmental auf. Es ist eine traurige und von Armut geprägte Kindheit, in der ihr die Liebe zur Musik Kraft gibt, die sie beim Gitarrenspielen entdeckt. Erwachsen geworden, macht sie sich auf die Suche nach ihrem Vater, entdeckt die sardische Kultur und ihren ganz eigenen Sinn des Lebens.

Demian Lienhard, «Mr. Goebbels Jazz Band», Frankfurter Verlagsanstalt

Die Geschichte klingt irr, basiert aber auf historischen Tatsachen: Auf Betreiben von Joseph Goebbels wird 1940 eine Jazzband formiert, die über den Auslandradiosender «Germany Calling» die Briten mit Nazi-Texten unterwandern soll. Lienhard untersucht – topaktuell – die Charakteristik von staatlich kontrollierter Kunst und Fake News. Der 1987 in Bern geborene studierte Archäologe war dafür wie Sarah Elena Müller für den Schweizer Buchpreis nominiert.

Tine Melzer, «Alpha Bravo Charlie», Verlag Jung und Jung

Melzer studierte Kunst und Philosophie in Amsterdam und promovierte über Ludwig Wittgenstein und Gertrude Stein. Heute ist sie Künstlerin und Dozentin an der Hochschule der Künste Bern. «Alpha Bravo Charlie» ist ihr literarisches Debüt. Sie erhielt von der Stadt Bern diesen Herbst das mit 10 000 Franken dotierte Stipendium «Weiterschreiben ». Ihr Protagonist ist der pensionierte Pilot Johann Trost, der beschliesst, auf seinem Küchentisch die Welt als Modell nachzubauen.

Mirko Beetschen, «Das Haus der Architektin», Zytglogge Verlag

Wer Bern etwas kennt, hat schon sein Büro im «Brückenkopf»-Turm an der Eigerstrasse bestaunt, wo er als Mitinhaber der Agentur Bergdorf arbeitet. Der Journalist und Schriftsteller präsentiert in seinem neusten Thriller die Geschichte um das mysteriöse und von Legenden umrankte Anwesen «Les Espoirs» der Architektin Marie- Yolande Rabaut auf einer Insel im Neuenburgersee. Wie Tine Melzer erhielt auch Beetschen 2023 ein «Weiterschreiben»-Stipendium der Stadt Bern.

Felix Tissi, «Varias Tapas», Verlag X Time, Edition Eigenart

Seit über 40 Jahren ist Tissi Drehbuchautor und Regisseur. Er debütierte 1985 mit «Noah & der Cowboy», zuletzt erschien 2022 «Aller Tage Abend». In «Varias Tapas » erklärt er «in sieben Kapiteln mal eben schnell die Welt», wie es im Untertitel heisst, und serviert «mit Schalk gewürzte literarische Häppchen und Kurzgeschichten – schiffbrüchig heiter». Das Vorwort zum von Cécile Keller illustrierten Band hat Patent-Ochsner-Frontmann und -Sänger Büne Huber geschrieben.

 

Weitere Berner Neuerscheinungen:

  • Jürg Halter und Uwe Wittwer, «Verlassenes Boot treibt Richtung Mond», Scheidegger & Spiess
  • Lukas Bärfuss, «Die Krume Brot», Rowohlt Verlag
  • Stefanie Christ, «Krähengesang», Knapp Verlag
  • Christoph A. Schwengeler, «Vom Breitsch i Löie z Worb u zrügg. Vo mym Urgrossvater u sym BERNA ideal», Zytglogge Verlag
  • Thomas Bornhauser, «Emmental», Weber Verlag
  • Michael Herzig, «Landstrassenkind», Limmat Verlag
  • Artur K. Vogel, «Sirenengesang», Cameo Verlag
  • X Schneeberger, «suisseminiature», Verlag Die Brotsuppe
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