Der Lorraine-Geist lebt
Mit «Loch dür Zyt» haben Züri West erstmals seit 2017 wieder ein Album veröffentlicht. Das Comeback der Berner Kultband versetzt Fans und die ganze Kulturszene in helle Aufregung.
Zuerst dauerte es sechs Jahre. Und dann ging plötzlich alles so rasch, dass selbst die eigenen Reihen etwas überrumpelt schienen. Seit letztem Freitag ist das neue Züri- West-Album «Loch dür Zyt» erhältlich (Label Sound Service). Und in den gleichzeitig erschienenen Interviews geht es zuerst natürlich um die MS-Erkrankung von Frontmann und Sänger Kuno Lauener, die dieser 2021 publik machte, was die Bandzukunft als unsicher erscheinen liess. «Im Moment geht es mir okay. Aber ich merke, es wird nicht besser, eher das Gegenteil», beschreibt Lauener seinen momentanen Gesundheitszustand. Und an eine Tour sei so ganz klar nicht zu denken. Allerdings schwingt in allen aktuellen Statements immer auch Hoffnung mit. Auf die Frage, ob das nun ihr letztes Album sei, sagt Gitarrist Küse Fehlmann: «Jetzt gibts einfach mal dieses hier.» Und Lauener meint: «Ich habe Phasen, da finde ich alles super. Und dann solche, wo ich mich frage, wie ich heisse. Von dem her, mal schauen, was es noch gibt. Zettel mit Textfragmenten hat es jedenfalls noch viele in meinem Büröli.» Die beiden sind mittlerweile die einzigen Gründungsmitglieder, Lauener nennt es die «Rest-Konstanz». Und sie stehen auch für den Lorraine- Geist, der die Band entscheidend geprägt hat. Lauener hat hier gewohnt, Fehlmann immer noch. Mit dem Song «Fisch» auf «Bümpliz – Casablanca » haben sie dem Lor rainebad 1989 ein Denkmal gesetzt. Und auf «Aloha from Züri West» 2004 mit «Römer», dem gleichnamigen italienischen Restaurant am Turnweg, das es so leider nicht mehr gibt. Die vierzehnte Studio-Produktion ist stiller, unaufgeregter und dunkler geworden, ohne ins Bodenlose zu kippen. Kein Aufbruch, kein Sturm und Drang, sondern abgeklärte Bilanz. Unter den 13 Songs figurieren vertonte Bubenstreiche wie «Schnägg», eine Liebeserklärung an die eigene Freundin («Blueme, Tier & Vögu»). «Vanishing Act» ist ein Cover von Lou Reed, «Im Bett» eines von Frostschutz. «Blätter gheie» basiert auf einem Gedicht von Franz Hohler, das Titelstück «Loch dür Zyt» greift den Song «Z.W.» vom allerersten Album «Sport und Musik » aus dem Jahr 1987 wieder auf. Und das dazugehörige Video stellt eine rasante Bilderreise durch vierzig Jahre Welt- und Bandgeschichte dar, inklusive YB und Polo. «Tröim regiere d’Wäut». Zum Glück immer noch.